ISLAM
im Unterricht

Dem Thema Islam ist ein Extra-Kapitel gewidmet. Manche LeserIn mag sich nach dem Grund für diese Gewichtung fragen, zumal es neben dem Islam wenigstens noch 4 weitere große Religionen und viele viele kleine gibt ... warum wird das Thema Islam nicht als eine Religion unter anderen im Kapitel "Interkulturelles Lernen im Fachunterricht" abgehandelt?
Für die Behandlung dieses Themas im Unterricht muß u.E. die LehrerIn sich besonders sorgfältig vorbereiten, zu emotional wird die Diskussion geführt, z.B. über die Rolle der Frau und die Menschenrechte in islamischen Gesellschaften ... leider oft sehr eurozentristisch und paternalistisch von "ExpertInnen" mit wenig Kenntnis der realen Situation. Darüber hinaus ist in den letzten Jahren eine immer stärker werdende Tendenz zum Aufbau eines islamischen Feindbildes zu bemerken.
In den vorgestellten Sachbüchern dieses Kapitels kommen in erster MuslimInnen zu Wort, die sich mit ihrer Religion und ihrer Gesellschaft, die sie halt am besten kennen - sehr kritisch und differenziert auseinandersetzen. Die meisten dieser Sachbücher sind - zumindest in Auszügen - auch mit SchülerInnen etwa ab Klassenstufe 10 zu lesen, da die muslimischen WissenschaftlerInnen eine verständliche Sprache sprechen ... das mag an der Tatsache liegen daß es sich in erster Linie um Frauen handelt sowie interkulturelle Gründe haben. Zum Thema Verschleierung ein Tip. Welche revolutionäre Rolle der Scheier in der algerischen antikolonialistischen Revolution spielte und wie er von den Frauen je nach Erfordernissen des Kampfes an- oder abgelegt wurde, ist nachzulesen in dem auch sonst hervorragenden Buch von Frantz Fanon: Aspekte der Algerischen Revolution. Frankfurt: Suhrkamp Verlag 1969. S. 31 ff.

SACHBÜCHER

Fatima Mernissi: Geschlecht, Ideologie, Islam. München: Verlag Antje Kunstmann (vorher: Frauenbuchverlag, Weismann Verlag) 1987. 206 S., 28,00 DM. ISBN 3-88897-121-7.
Inhalt: Die islamische Konzeption einer aktiven weiblichen Sexualität / Überwachung der weiblichenSexualität im Islam / Sexualität im vorislamischen Arabien / Verhältnis der Geschlechter, Sexualtät und Ehe im heutigen Marokko
Die wohl umfassendsten Studien zum Verhältnis von Frau und Mann in islamischer und vorislamischer Gesellschaft legt Fatima Mernissi vor. Sie zeigt anhand klassischer islamischer Texte u.a. von Al -Gazali (1050-1111), daß im Islam Sexualität als gute Kraft gilt und Allah wohlgefällig ist. Männerfantasien, welche die aktive und religiös akzeptierte Sexualität der Frau als unwiderstehlich und zerstörerisch definieren, sind Legitimationsversuche für die rigide Kontrolle insbesonders fundamentalistischer Männer. Sie deckt aber auch matrilineare Strukturen und Eheformen in der vorislamischen Gesellschaft auf, bei denen auch der Frau wesentlich mehr sexuelle Freiheiten genoß als im Islam. Außerdem weist auf Widerstand der Frauen gegen den aufkommenden Islam hin. - Ein Genuß ist es, wissenschaftliche Texte in einer verständlichen und fast erzählerischen Form präsentiert zu bekommen.

Fatema Mernissi: Die Sultanin. Die Macht der Frauen in der Welt des Islam. Frankfurt: Luchterhand Literaturverlag 1991. 258 S., 42,00 DM. ISBN 3-630-86762-6.
Mernissi widmet sich der Frage, ob und unter welchen Bedingungen Frauen in der Geschichte des Islam zu politischer Macht gelangen konnten. Sie wird fündig, je weiter sie in Geschichte zurückgeht ... Frauenmacht war möglich, allerdings nur aus dem Harem heraus als Macht über die männlichen Kalifen. Im nichtarabischen islamischen Raum lassen sich auch Frauen-Herrscherinnen finden, die öffentliches Ansehen genossen. Bei InderInnen, MongolInnen, IndonesierInnen, auf den Malediven und bei den MamelukInnen gab es Frauen, die als HerrscherInnen öffentliche Anerkennung hatten. Sogar eine Kalifin hat es gegeben, die Tochter des Kalifen al-Aziz in Kairo, Ende des 10. Jahrhunderts. Wieder einmal eine wissenschaftliche spannende Erzählleistung der AutorIn.

Fatema Mernissi: Der politische Harem. Mohammed und die Frauen. Frankfurt: Dagyeli Verlag 1989. 302 S., 34,00 DM. ISBN 3-89329-112-1.
Dieses Buch ist - wie auch die anderen von Fatema Mernissi ein "Muß" für jede, die sich über den Islam und insbesondere die Musliminnen informieren will. Die marokkanische Soziologin beschäftigt sich schon lange mit der Situation muslimischer Frauen, also auch ihrer eigenen Situation als praktizierende Muslimin. Sie geht der Frage nach, wann und warum islamische Frauen aus dem politischen Leben verdrängt wurden und untersucht den Koran und die Abhandlungen zu den Offenbarungen, Asbab an-Nuzul, die Hadithedie Sira und Bücher zur Religionsgeschichte und führt den Nachweis, daß Mohammed eine Gemeinschaft Gleichberechtigter wollte und selbst Frauen nie ausgeschlossen habe.

Fatima Mernissi: Der Harem in uns. Die Furcht vor dem Anderen und die Sehnsucht der Frauen. Freiburg: Herder 1994. Taschenbuchausgabe, 295 S., 18,80 DM. ISBN 3-451-23213-8.
In diesem Buch erzählt die Autorin von Ihrer Kindheit im Harem. Harem bedeutet vor allem: Kontrolle der Frauen durch die Männer in Form räumlicher Trennung vom wirklichen Leben. Die Autorin weist auf die verschiedene Ausprägungen dieser Kontrolle hin, der Harem ihrer Großmutter auf dem Land ist wesentlich freier und gestattet den Frauen mehr Bewegung als der Stadtharem ihrer Mutter. Sie erzählt in amüsanter Weise von der Kultur im Harem: Schönheitspflege, Geschichtenerzählen, Theaterspielen und ... vom Spaß beim Überschreiten der Verbote und Grenzen der Männer. Die LeserIn merkt es kaum - Mernissi ist eine meisterhafte Erzählerin, daß sie quasi nebenbei auch viel lernt über arabische Kultur und die Geschichte Marokkos.

Fatema Mernissi: Die vergessene Macht. Frauen im Wandel der islamischen Welt. Berlin: Orlanda Frauenverlag 1993. 190 S., 36,00 DM. ISBN 3-929823-01-2.
Der Band enthält Aufsätze der Autorin aus den letzten zehn Jahren, die alle die Rolle der Frau in der islamischen Welt thematisieren. Die weiße westliche Sichtweise der rechtlosen demütigen Muslimin auch weißer FeministInnen leitet Mernissi her aus den kolonialen Überlegenheitsansprüchen. Sie unterscheidet in ihren Beiträgen eine fortschrittliche und eine konservative Tradition im Islam. Mernissis Verdienst ist, immer wieder auf die fortschrittliche Tradition - auch im Koran - zu verweisen, an der sich eine eigenständige, nicht eine aus dem Westen importierte, islamische Frauenbewegung orientiert. Sie macht deutlich, daß die Frauenfrage für islamische arabische Gesellschaften ein Prüfstein ist: "Ich frage mich, wie lange es sich die arabische Welt noch leisten kann, einfach so ins 21. Jahrhundert hineinzustolpern, ohne einen Dialog zwischen dem Staat und der Jugend und vor allem zwischen dem Staat und den jungen Frauen zu beginnen? (...) Die muslimischen Politiker werden sich mit selbstbewußten Frauen auseinandersetzen müssen, und auch die Berufung auf die "besondere Tradition" der islamischen Welt wird ihnen nichts nützen."

Meral Akkent / Gaby Franger: Das Kopftuch. Basörtü. Ein Stückchen Stoff in der Geschichte und Gegenwart. Geçmiste ve Günümüzde Bir Parça Kumas. Frankfurt: Dagyeli Verlag 1987. A4-Format, 286 S., 169 Fotos und Abbildungen, 38,00 DM. ISBN 3-924320-61-6.
Immer wieder gibt es erregte Debatten über das Kopftuch muslemischer Fauen ... seit Jahrtausenden Anlaß für Ge- und Verbote, Diskriminierungen, sexuelle Männerphantasien, Unterdrucken und Frauenwiderstand. Das zweisprachige Buch geht dem Brauch des Kopftuchtragens im Patriarchat nach, untersucht und wird fündig nicht in orientalischen Gesellschaften, sondern auch bei westlichen Gesellschaften. Es geht der Frage nach "Was treibt die verhüllte Frau hinter ihrem Schleier" und informiert über die "Vorzüge des Schleiers". Gängige rassistische Vorstellungen, die mit dem Kopftuch verbunden sind, werden erschüttert. Wer sich grundlegend informieren will über das Leben moslemischer Frauen, dem raten wir zur Lektüre folgender Bücher: Camille Coste-Dujardin: Mütter gegen Frauen. Mutterherrschaft im Magreb. Zürich: eFeF 1990. 252 S., 32,00 DM. ISBN 3-905493-09-8. - Nawal el Saadawi: Tschador. Frauen im Islam. Bremen: edition CON 1980. 182 S., 19,80 DM. ISBN 3-88526-015-8. - Kaplan Omar: Sexualität im Islam und in der türkischen Kultur. Frankfurt: Landeck 1989. 163 S., 28,00 DM. ISBN 3-89002-006-2. - Erdmute Heller / Hassouna Mosbahi: Hinter den Schleiern des Islam. Erotik und Sexualität in der arabischen Kultur. München: C.H. Beck 1993. 242 S., 48,00 DM. ISBN 3-406-37607-X.

Irmgard Pinn / Marlies Wehner: EuroPhantasien. Die islamische Frau aus westlicher Sicht. Duisburg: DISS 1995. 257 S., 29,80 DM. ISBN 3-927388-49-1. - Bezug: Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS), Realschulstr. 51, 47051 Duisburg, Fax: 0203-287881.
Das Buch beschäftigt sich nicht damit, wie die Mulima nun wirklich ist. Darüber gibt es eine Menge Literatur und eine Menge vornehmlich eurozentristischer und zum größten Teil skurriler Vorstellungen - besonders wenn die AutorInnen weiße NichtmuslimInnen sind. Die AutorInnen dieses Buches beschäftigen sich mit der Entstehung und der Auswirkung des westlichen Blickes auf "die Muslima" , der im Kontext steht mit dem historischen Verhältnisses zum Islam sowie der westlichen nachkolonialen Wahrnehmung der politischen und sozialen Verhältnisse im Orient. Sie konstatieren überall - auch in linken Zusammenhängen - nur Klischees. Islam = Fundamentalismus = Diktatur = Feind, über diese undifferenzierte Gleichsetzung gibt es, möchte mensch meinen, einen westlichen Grundkonsens, der sorgfältige gesellschaftliche Analysen einfach erspart und fertige Interpretationsmuster liefert ... die eigne Gesellschaft mit ihren Idealen wird diesem Feindbild gegenüber- und höherwertig dargestellt. Weiterhin zeichnen die Autorinnen die Entstehung des anti-islamischen Rassismus sowie dessen Auswirkungen im Alltag nach und beenden das Buch mit Überlegungen zu antirassistischer Solidarität.

Jutta Szostak / Suleman Taufiq (Hg.): Der wahre Schleier ist das Schweigen. Arabische Autorinnen melden sich zu Wort. Frankfurt: Fischer TaBu Verlag 1995. 254 S., 16,90 DM. ISBN 3-596-12422-0.
Wer sich schnell einen Überblick verschaffen will über Islam, Politik und Sexualität, wer nach authentischen Quellen - wer ist authentischer als arabische muslimanische Feminististinnen - wer sich einen Überblick verschaffen will und nicht viele Bücher zu diesen Frage lesen will ... die ist am besten bedient mit diesem Sammelband, in dem eigentlich alle die Muslimana der arabischen welt zu Wort kommen, die fortschrittliche muslimische und in ihren Ländern nicht unumstrittene Positionen entwickelt und veröffentlicht haben: Fatema Mernissi (Marokko), Alifa Rifaat, Nawal El-Saadawi und Salwa Bakr (Ägypten), Emily Nasrallah (Libanon), Sahar Khalifeh (Palästina), Laila Al-Osman (Kuweit), Ghada Samman (Syrien) und Assia Djebar (Algerien). - Das Buch ist Pflichtlektüre für weiße EuropäerInnen, bevor sie zur Frauenfrage und Sexualität islamischer Gesellschaften Stellung nehmen.

Beide Bücher mußten geschrieben werden, weil sog. "Experten" Bücher herausgegeben haben, die vor Halb- und Unwahrheiten nur so strotzen und die in verantwortungsloser Sensations- und Bestsellerlüsternheit ein Feindbild vom Islam im Westen aufbauen. Die Zeit fürwahr ist günstig, denn hoffähig gewordener Neofaschismus und offener Rassismus sowie die immer komplizierter werdende Sicht gesellschaftlicher Zusammenhänge bilden einen guten Nährboden für die Konstruktion dieses neuen Feindbildes. Gelang es dem hamburger Islamwissenschaftler Rotter, bei dem sich Konzelmann sich reichlich bedient hatte, noch relativ einfach, Konzelmann des Plagiats (Konzelmann hat pauschal 35.000,00 DM an Rotter gezahlt) zu überführen: rund ein Drittel seines Buches ist abgeschrieben, ein weiteres Drittel praphrasiert Texte aus natürlichnicht angegebenen Quellen. Der Rest besteht aus Interpretationen, Rassismen und Erfindungen sowie seitenlangen Ergüssen über Gewalt und Sexualität. Letzteres hebt nicht nur die Auflage seiner Bücher, sondern belebt und bestätigt ein altes Vorurteil der Europäer gegenüber der arabischen Welt neu: Araber haben nichts anderes im Kopf als Vielweiberei und damit verbundene ausschweifende Sexualität und den Rest ihrer Zeit verbringen sie damit zu, andere Leute zu betrügen und umzubringen.

Da ist Scholl-Latour schon schwieriger beizukommen, denn er geht nicht so dummdreist vor wie Konzelmann und genießt in der Öffentlichkeit mehr Seriosität. Dennoch weisen die beiden HerausgeberInnen, hamburger IslamwissenschaftlerInnen, und die Mitautoren in akribischer Kleinarbeit überzeugend nach, "daß Peter Scholl-Latour in diesem Buch stellvertretend für viele steht, deren Äußerungen über den Islam als Konglomerat gegativer Haltungen und Vorurteile zu entlarven sind, welche Angst, Mißverständnis, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus schüren. Immer wider entdecken wir hinter dem dadurch geschaffenenen Zerrbild das Gesicht des Westens, der auf die vielfältigen Kulturen des islamischen Orients seine eigenen unbewältigten Widersprüche und Unmenschlichkeiten projiziert" (S. 21).
SchülerInnen eines Oberstufenkurs könnte vielleicht Scholl-Latours Machwerk Das Schwert des Experten (Heyne "Sach"buch 226) einer Metaphern-Analyse unterziehen. Sie würden fündig werden bei Naturkatastrophen-, Diffamierungs-, Prototyp-, historische Vergleichs-, Monster- und rassistische Metaphern. In der Zeitschrift der Gewerkschaft IG Medien Publikation + Kunst 4/1992, S. 16 ist eine solche Mataphern-Analyse von Jutta Bernard vom Medienprojekt Tübinger ReligionswissenschaftlerInnen abgedruckt.

Andreas Meier: Der politische Auftrag des Islam. Programme und Kritik zwischen Fundamentalismus und Reformen. Originalstimmen aus der islamischen Welt. Wuppertal: Hammer 1994. 607 S., 58,00 DM. ISBN 3-87294-616-1.
Meier legt eine gründliche Dokumentation über den politischen Islam vor, die Originaltexte sind hierfür größtenteils extra übersetzt worden. Die Quellen reichen von heute bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurück. Die Originaltexte sind sorgfältig kommentiert. Neben islamischen Denkern und AktivistInnen wie Muhammad Abduh, Hassan al-Banna (Gründer der Muslimbrüder), Said al-Aschmawi kommen auch Nasser, Gaddhafi, Khomeini und Hussein zu Wort. Die seit zwei Jahrhunderten geführte Diskussion über den politischen Auftrag des Islam wird auf diese Weise sorgsam dokumentiert bis zur gegenwärtigen Kontroverse zwischen Säkularismus und Islamismus.

Annemarie Schimmel: West-östliche Annäherungen. Europa in der Begegnung mit der islamischen Welt. Stuttgart / Berlin / Köln: Kohlhammer 1995. 132 S., 28,00 DM. ISBN 3-17-014046-9.
Schimmel zeigt in ihrem Buch die enge Verpflochtenheit der europäischen Kultur mit islamischem Denken sowie die Beinflussungen hinsichtlich Philosophie, Naturwisschenschaften und Mathematik sowie der Medizin durch islamische Übersetzungstätigkeit auf. Sie beschränkt sich dabei völlig auf die Darstellung des historischen Islam. Alles das, was sie darstellt, ist zwar nicht ganz neu, doch angesichts des derzeit aggressiv aufgebauten Feindbildes "Islam" - sowie der Umstrittenheit der Autorin - zumindest erwähnenswert.

Nasr Hamid Abu Zaid: Islam und Politik. Kritik des religiösen Diskurses. Aus dem Arabischen von Chérifa Magdi. Frankfurt: dipa-Verlag 1996. 223 S., 36,00 DM. ISBN 3-7638-0335-1.
Der Literatur- und Islamwissenschaftlers Nasr Hamid Abu Zaid wendet sich gegen die sunnitisch-islamische Orthodoxie, nach der die menschliche Vernunft mißachtet wird und die jeweilig Herrschenden (SultanInnen, KönigInnen, SozialistInnen,..) theologisch rechtfertigen. In diesem Zusammenhang stellt der Autor Theorien und Prinzipien in Fage, die für viele MuslimInnen den Grad der Heiligkeit haben und mit dem Koran vergleichbar sind. Darüber hinaus wendet Abu Zaid sich gegen jegliches Interpretationsmonopol und weist er auf die Vielzahl und die Relativität der Interpretierbarkeit "heiliger" Texte hin und bestreitet die ultimative Gültigkeit der Auslegung, über die eigentlich nur Allah verfügen kann. In seinerm Buch geht er ausführlich auf aktuelle innerislamische Diskussionspresse in Ägypten ein. Er kritisiert unideologisch sowohl die konservativem islamischen Kräfte als auch die Entwürfe der islamischen Linken.
Für seine Thesen ist Abu Zaid gerichtlich zwangsgeschieden worden und er ist als Abtrünniger vom Glauben angeklagt und bedroht durch fundamentalistische Muslime.

Der Islam in den Schulbüchern der Bundesrepublik Deutschland. Studien zur Schulbuchforschung. Schriftenreihe des Georg-Eckert-Instituts, Bände 46, 47, 53,54, 58, 59, 62. Hrsg. v. Abdoldjavad Falaturi. Braunschweig: Georg-Eckert-Institut 1986-1989. 1758 S., zusammen 86,00 DM. ISBN s.u. - Bezug: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, Celler Str. 3, 38114 Braunschweig.
43 westliche FachwissenschaftlerInnen und -didaktikerInnen sowie zahlreiche MuslimInnen verschieder Rechtsschulen unter der Leitung des Kölner Professors Addoldjavad Falaturi arbeiteten an diesem einzigartigen Projekt mit. Untersucht wurden zwischen 1979 und 1988 Schulbücher der Fächer Geschichte, Geographie, evangelischer und katholischer Religionsunterricht sowie Lehrpläne. Die Untersuchung zeigt, daß das Thema "Islam" bei weitem nicht immer angemessen und differenziert sowie dem modernen Forschungsstand entsprechend in den Schulbüchern ind Richtlinien behandelt wird ... wie "angemessen und differenziert" es mit der unterrichtspraktischen Umsetzung dieses Themas aussieht, kann mensch nur erahnen. Mit insgesamt mehr als 1700 Seiten liegt für SchulbuchautorInnen, FachdidaktikerInnen, CurriculummacherInnen, LehrerInnen und andere an der interkulturellen pädagogischen Debatte beteiligten Personen und Institutionen eine Sachenzyklopädie des Islam unter besonderer Berücksichtigung seiner Vermittlung im Unterricht der BRD vor:

In diesen Zusammenhang gehört die Medien-Analyse der Islamischen Wissenschaftlichen Akademie in Köln:

Michael Koschinski: Analyse der audio-visuellen Medien zum Thema Islam. Köln: Islamische Wissenschaftliche Akademie 1991. 180 S., 19,00 DM. ISBN 3-89108-008-5.



SCHNELLE INFORMATIONSQUELLEN

M. Salim Abdullah: Islam - kurzgefaßt für den Dienst in Übersee. Reihe dü-scriptum. 6. überarb. und erg. Aufl. Leinfelden-Echterdingen: Dienste in Übersee 1992. 62 S., kostenlos. Ohne ISBN. - Bezug: Dienste in Übersee, Pf. 10 03 40, 70747 Leinfelden-Echterdingen, Fax: 0711-7989-123.

Adel Theodor Khoury u.a.: Islam-Lexikon. Geschichte - Ideen - Gestalten. Bde 1-3. Freiburg: Herder-Verlag 1991. 941 S., 78,00 DM. ISBN 3-451-04036-0.

Yüksel Yücelen (Hg.): Was sagt der Koran dazu? Die Lehren und Gebote des Heiligen Buches, nach Themen geordnet. 3. Aufl. Frankfurt: dtv 1991. 155 S., 9,80 DM. ISBN 3-434-03281-2.

Anne-Marie Delcambre: Stichwort: Islam. Bad Honnef: Horlemann Verlag 1991. 154 S., 24,00 DM. ISBN 3-927905-36-4.

Hadayatullah Hübsch: Islam 99. Fragen und Antworten zum Islam. Information ohne Indoktrination. Nienburg: Betzel Verlag 1995. 249 S., 23,80 DM. ISBN 3-929017-23-7.

Alle vier Werke eignen sich vorzüglich dazu schnell und relativ fundiert Zugänge zu bestimmten Phänomenen zu finden.
Der Vorzug von Yücsel Yücelens Buch ist, daß zu Stichwörtern unkommentiert die wichtigsten Koranverse zitiert werden.

Hadayatullah - scheinbar ein konvertierter Muslim - gibt auf 99 Fragen eine Antwort aus der Perspektive eines orthodoxen Muslim - seine Antworten belegt er meist mit Koranversen. Seine Argumentation wird unsicher und schwammig bei der Frauenfrage insbesondere bei der Steinigung und beim Schlagen. Peinlich - aber das merken auch SchülerInnen bzw. solche Passagen lassen sich gut "gegen den Strich bürsten" - wird seine Argumantation bei Beantwortung der Frage, warum den eine Muslima nicht auch 4 Männer heiraten dürfe.

Wer neben der Schnellinformation auch ein kurze sachkundige Einführung ins Thema sucht, ist am besten bedient mit dem Büchlein aus dem Horlemann-Verlag. Objektivität ist Grundprinzip des Werkes, der Islam wird in seiner Entstehung und Entwicklung bis heute dargestellt, auch mit seinen Konflikten und Widersprüchen wie z.B. der Frauenfrage. Etwas dünn sind die Ausführungen über Mystik und Schiismus, bei der Darstellung der Wurzeln des Islam werden sie gar nicht erwähnt.

UNTERRICHTSEINHEITEN

Abdoldjavad Falaturi / Udo Tworuschka: Der Islam im Unterricht. Beiträge zur interkulturellen Erziehung in Europa. Beilage zu den Studien zur internationalen Schulbuchforschung. Schriftenreihe des Georg-Eckert-Instituts. Braunschweig: Georg-Eckert-Institut 1992. 49 S., 9,80 DM. Ohne ISBN. - Bezug: Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, Celler Str. 3, 38114 Braunschweig.
Angesichts der Tatsache, daß derzeit nahezu eine Million islamische Kinder und Jugendliche die schulischen Bildungsinstitutionen der BRD besuchen, ist eine gründliche Revision der Behandlung des Islam im Unterricht dringend geboten, um einen kulturellen Verständigungsprozeß nicht durch Vorurteile und falsche Informationen zu erschweren und neuen Feindbildern, die im Alltagsbewußtsein der weißen Deutschen vorhanden sind, an welches bundesrepublikanische Massenmedien und BestsellerautorInnen wie Betty Mahmody, Scholl-Latour und Konzelmann anknüpfen, erfolgreich entgegenwirken zu können.
Der vorliegende Band enthält Kernaussagen des Islam zu zentralen Begriffen und Phänomenen dieser Religion. Zu jeder Kernaussage gibt es sachgemäße und unsachgemäße Formulierungen - letztere basieren auf die durch die Schulbuch- und Richtlinienanalyse vorgefundenen Mißverständnissen, Fehleinschätzungen, Klischees negativ konnutierten Aussagen über den Islam. Das Büchlein ist quasi als "Erste-Hilfe-RatgeberIn" zu verstehen für UnterrichtspraktikerInnen, denen es beim Thema Islam um sachliche Auseinandersetzung geht.

Islam. Wochenschau Sek. II, 2/1993. 42 S. ISSN 0342-8974. es als Einlage eine für Sek. I und II gemeinsame für LehrerInnen - wer also beide Ausgaben abonieren will, benötigt nur bei einer die Einlage. Preise mit Einzelpreis 12,00 DM zuzügl. Porto. - Preise ohne didaktisch-methodische Handreichung: Einzelheft: 9,50 zuzügl. Porto. - Bezug: Wochenschau Verlag, Adolf-Damaschke-Str. 103, 65824 Schwalbach.
Inhalt: MuslimInnen in Europa - Entstehung, Verbreitung und Grundbotschaft des Islam - Islamisches Recht und islamische Gesellschaft - Islam als politischer Faktor.

Siegfried Schulz: Der Islam: Christen begegnen Mulimen. Stundenblätter. Sekundarstufe 1. Stuttgart / Dresden: Klett, Verlag für Wissen und Bildung, 1993. 88 S., 33 S., Stundenblätter und 7 kopierbare Arbeitsblätter, 23,00 DM. ISBN 3-12-926716-6.
Die Unterrichtseinheit setzt an beim Vorwissen der SchülerInnen, also auch bei Pauschalisierungen und Vorurteilen. Es wird versucht ein objektives und emotionsfreies Herangehen an dieses vorzubereiten. Dann folgt eine Informationsphase über das Leben Mohammeds vort dem damaligen gesellschaftlichen und politischen Hintergrund. Anschließend werden Islam und Christentum verglichen anhand der Fragen: 'Jesus im Islam' und 'Gott oder Allah'. Es folgt wieder eine Informationsphase über islamische Feste, Hadsch, Dschihad und Frauen im Islam. Unerklärlich bleibt, warum in diesem Kapitel nicht Frauen zu Wort kommen wie z.B. Fatema Mernissi, die als Musliminnen eine kritische Position zu diesem Thema vertreten und weltweit bekannt sind. Bei der Bearbeitung des Dschihad werden auch die christlichen heiligen Krie gegegen den islamischen Osten und die Fortsetzung im Kolonialismus und Wirtschaftsimperialismus der Jetztzeit thematisiert. Am Schluß sollen die christlichen SchülerInnen sich auf ihren Glauben besinnen lernen und Toleranz, Akzeptanz entwickeln für andere Religionen. Die 7 SchülerInnenarbeitsblätter sind übersichtlich und sprachlich einfach, sehr gut das Spiel "Was wäre wenn?" ... warum eigentlich nur 7 Arbeitsblätter?

Stationen 7 - Der Islam. Materialien für den Religionsunterricht in der Sekundarstufe I. Speyer: Evangelischer Presseverlag 1988. 32 S., 4,40 DM. ISBN 3-925536-17-5. - Bezug: Evangl. Presseverlag, Beethovenstr. 4, 67346 Speyer.
Inhalt: Begegnungen mit dem Islam / Die fünf Säulen des Islam / Leben und Bedeutung Muhammads / Der Koran / Zusammenleben mit Muslimen.
Dieses dünne A4-formatige Heftchen hat es in sich: Es ist eine der besten Einführungen in den Islam für die SchülerInnenhand. Auf den einzelnen Seiten sind jeweils kurze Texte oder Bilder mit Fragen, die es ermöglichen schnell eine Übersicht zu bekommen. Die Texte sind schülerInnenfreundlich formuliert. Ein Lexikon am Schluß erklärt kurz und knapp die wichtigsten Begriffe.

Geschichte des Islams bis zur Türkischen Revolution. Unterricht Geschichte. Themen, Materialien, Medien. Reihe B, Band 1. Köln: Aulis Verlag Deubner & CO KG 1994. A4-Format, 102 S., 8 Folien, 48,00 DM. ISBN 3-7614-1533-8.
Die Unterrichtseinheit schließt eine Lücke im Geschichtsunterricht, denn die Geschichte des Islam und der islamischen Völker war bislang in den den Lehrwerken nur bruchstückhaft und feindbildartig vertreten. Eine angemessene Darstellung ist längst überfällig angesichts der Transformation zum Einwanderungsland mit einem hohen Anteil Mulime unter der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Die Rolle der Frau wird in der vorliegenden Ue angemessen betrachtet, insbesondere der Nachweis, daß das durch das Patriarchat die Koransuren pro domo auslegt wurden. Es fehlen aber wieder einmal muslimische WissenschaftlerInnen, die diesen Nachweis schon lange gebracht und auch in deutscher Sprache veröffentlicht haben.
Inhalt: Entstehung und zentrale Lehren des Islam / arabisch-islamisches Reich / türkische Expansion / osmanisches Reich und christliches Europa der frühen Neuzeit / islamische Welt als Objekt der europäischen Außenpolitik im 19. Jahrhundert. Es gibt ein Glossar und Unterrichtshilfen mit Lösungen zu den mit Aufgaben und Fragen versehenen Materialien.

Frank Ballot: Islam. eXplizit 35. Materialien für Unterricht und Bildungsarbeit. Bad Honnef / Unkel: Horlemann 1991. ISBN 3-927905-27-5.
Die Unterrichtseinheit enthält 6 Bausteine, ein kommentiertes Literatur- und Medienverzeichnis und Adressen. Bausteine: Grundzüge des Islam, Ausbreitung, Beitrag des Islam zur westlichen Kultur und Wissenschaft, islamische Minderheiten in Europa, Stellung der frau, islamischer "Fundamentalismus". Vorweg gibt es zu den einzelnen Bausteinen inhaltliche sowie - leider nur sehr sparsam - methodische Anregungen. Es folgen dann vornehmlich Texte, aber auch ein paar Karikaturen, Bilder, Landkarten, Schaubilder - meit leider auch nur sehr sparsamen SchülerInnenarbeitsaufträge - die LehrerIn muß schon selbst noch vorbereitend aktiv werden. Beim Kapitel "Frauen" wird zwar Fatima Mernissi - von einem Mann - ijn einem Zeitungsartikel vorgestellt, Texte von ihr sucht mensch allerdings vergeblich - dabei sind ihre Texte sehr viel lesbarer als mancher der vielen anderen Texte dieser Ue.

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